auf keine Kuhhaut gehen
Redewendung: Worttrennung:
auf kei·ne Kuh·haut ge·hen
Aussprache:
IPA [aʊ̯f ˈkaɪ̯nə ˈkuːˌhaʊ̯t ˈɡeːən]
Bedeutungen:
[1] umgangssprachlich: nicht hinnehmbar sein; eine Frechheit sein; nicht mehr zu ertragen sein, jedes Maß übersteigen, nicht mehr zu beschreiben sein
Herkunft:
Folgt man dem Motiv der Kuhhaut in seine Vergangenheit, so ergibt sich, dass die Kuhhaut hier in ihrer Eigenschaft als beschreibbares Material gemeint ist. Es scheiden somit solche Erklärungsversuche aus, die auf andere Verwendungen von Kuhhäuten Bezug nehmen. Hierzu gehört die Geschichte um Dido: „Sie [Dido] bat den Häuptling Jarbas, der das Gebiet des späteren Karthagos beherrschte, um Land. Dieser versprach ihr, dass sie soviel Land bekäme, wie sie mit einer Kuhhaut umspannen könne. Dido ging auf den Handel ein, schnitt aber daraufhin die Kuhhaut in hauchdünne Streifen, legte sie aneinander und konnte so ein großes Stück Land markieren.“ Abzulehnen ist auch die Herleitung von mittelalterlichen Hinrichtungsritualen: Damals wurden Straftäter auf einer Kuhhaut zu ihrer Hinrichtung geschleift, Ehebrecherinnen wurden in eine Kuhhaut eingenäht ertränkt. Demnach ergäbe sich die Bedeutung der Redewendung daraus, dass jemand so viele Taten begangen hat, dass er eigentlich mehrfach zum Richtplatz geschleift und mehrfach (eingenäht) hätte hingerichtet werden müssen.
Jedoch führt die Spur zu einem mittelalterlichen Predigtmärlein, das über lateinische Exempelsammlungen Verbreitung fand. Jakob von Vitry etwa schrieb in seinen Sermones vulgares über einen Priester, der während eines Gottesdienstes einen Teufel beobachtete, wie er mit den Zähnen an einem Pergament zerrte. Auf Nachfrage gab der Teufel an, er müsse das nutzlose Geschwätz in der Kirche niederschreiben und sein Pergament sei dafür zu klein. Nachdem der Priester den versammelten Gläubigen hiervon erzählte, wurden die Leute reumütig, weshalb der Teufel seine Aufzeichnungen nicht mehr gebrauchen konnte. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die menschlichen Sünden von Teufeln auf Pergament aufgeschrieben würden, um diese Aufzeichnungen beim Jüngsten Gericht als belastendes Material zur Verfügung zu haben. Auch bildliche Darstellungen solcher schreibenden Teufel sind zu finden. Außer dem nebenstehenden Kirchenfresko existiert etwa noch ein Holzschnitt Albrecht Dürers mit einer Messe, bei der schwatzende Gläubige und mitschreibende Teufel zu sehen sind.
Die Pointe sowohl der Texte als auch der bildlichen Darstellungen liegt darin, dass Kuhhäute in der Realität nicht als Schreibmaterial verwendet wurden, sondern Schafs- oder Kalbshäute. Allerdings waren eben so viele Sünden niederzuschreiben, dass diese kleineren Häute nicht genügend Platz boten.
Die Redewendung hat sich erst spät von der genannten Priestergeschichte emanzipiert. Noch im ausgehenden 16. Jahrhundert finden sich bei Johann Fischart Beispiele, bei denen das Priesterexempel durch einen Teufelsbezug deutlich zutage tritt. Im 17. Jahrhundert dann erfolgte im Anschluss an die Reformation die Ablösung und die Redewendung erlangte vor allem in katholischen Regionen Bekanntheit, nachdem die mittelalterliche Geschichte nicht mehr präsent war. Heute ist der Ursprung der Redewendung in einer Teufelserzählung nicht mehr bekannt und sie wird demgemäß in allerlei Zusammenhängen benutzt, die nicht unbedingt sündhaftes Verhalten zum Gegenstand haben.
Synonyme:
[1] das geht auf keine Kuhhaut
Beispiele:
[1] „Das geht auf keine Kuhhaut, was der erduldet.“
[1] „‚Im Wartezimmer sind wieder mal unheimlich viele Patienten – das geht auf keine Kuhhaut.‘“
[1] Die Klingelstreiche der Nachbarskinder gehen auf keine Kuhhaut. Allein heute läutete es zwanzigmal.
Übersetzungen:


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