mutterseelenallein
Adjektiv:

Worttrennung:
mut·ter·see·len·al·lein, keine Steigerung
Aussprache:
IPA [ˌmʊtɐzeːlənʔaˈlaɪ̯n], [ˈmʊtɐˌzeːlənʔaˈlaɪ̯n], [ˈmʊtɐˈzeːlənʔaˈlaɪ̯n]
Bedeutungen:
[1] zumeist prädikativ; emotional: ganz und gar allein, sehr einsam, völlig vereinsamt; ganz verlassen
Herkunft:
Das Wort ist seit dem 18. Jahrhundert bezeugt. Über seine Herkunft gibt es mehrere Erklärungsversuche:
1. Älteren Quellen zufolge soll es sich um eine Entlehnung aus dem französischen moi tout seul handeln. Diese Herleitung wurde von Heisig als „ad hoc fabrizierte pseudofranzösische Wendung, die dem tatsächlichen Sprachgebrauch zuwiderläuft“ abgelehnt, da im Französischen tout seul „aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe“ bedeutet. Es sei ebenso unschlüssig, weshalb ausgerechnet die Form der ersten Person Singular (moi) auf die übrigen Personen übertragen worden sein solle.
2. Des Weiteren wurde vermutet, es handele sich um eine „Verſtümmelung aus ‚mit der Seele allein‘“.
3. Auch wurde versucht, das Wort als „‚allein wie in der Mutter‘, d. h. ‚im Mutterleibe‘“ zu deuten. Um diesem Deutungsversuch mehr Gewicht zu verleihen, verwies man auf eine Stelle in Goethes Gedicht „Der neue Amadis“, in dem dieser den Ausdruck „allein wie im Mutterleib“ verwendet:
„Als ich noch ein Knabe war,
Sperrte man mich ein.
Und ſo ſaß ich manches Jahr
Ueber mir allein,
Wie im Mutterleib.“
4. In älteren Quellen wurde ferner vermutet, bei -seelen- handele es sich um eine Verstümmelung von selig. Somit lasse sich das Wort mutterseelenallein deuten als „verwaiſt nach dem Tode der Mutter, verlaſſen ſelbſt durch die verſtorbene, ſelige Mutter“.
5. An der vorhergehenden anschließend gesellt sich eine ganz ähnliche Deutung: „ſo allein, ſo einſam und verlaſſen, wie ſich ein Mutterherz fühlt, wenn ihm das Liebſte, das Kind, genommen iſt“.
6. Weise führt das Wort auf den mittelhochdeutschen Ausdruck muoters eine ‚ganz allein, von der Mutter verlassen‘ zurück.
7. Nach moderner Ansicht geht man von dem älteren neuhochdeutschen Ausdruck MutterseeleMensch; Mutter‘ (vergleiche keine Menschenseele) aus, sodass mutterseelenallein offenbar als ‚menschenallein, von allen Menschen verlassen; selbst#Adverb, Fokuspartikel|selbst von der eigenen Mutter verlassen, mutterlos, allein‘ zu verstehen ist.
Synonyme:
[1] allein auf weiter Flur
[1] regional: mausmuttersternallein, mutterallein, muttermenschenallein, mutterseligallein, muttersteinallein, mutterwindallein, steinbeinmutterseligallein, steinsmutterallein
[1] veraltet: mutternackt, seelenallein
Beispiele:
[1] Er hatte sich verlaufen und fühlte sich mutterseelenallein.
[1] „Manchmal ist das so - man hat sich gerade noch geküßt wie verrückt (natürlich hat er mich schon geküßt), und plötzlich sitzt man in dem kleinen Wagen nebeneinander, ganz dicht, und ist doch so mutterseelenallein.
[1] „Seit dem Morgengrauen bin ich durch eure Gassen geschlendert. Mutterseelenallein. Alle Läden herunter, jede Tür zu.“
[1] „Aber was machen Sie hier so mutterseelenallein auf der Landstraße?“
[1] „Sabeth nochmals auf der Mole draußen, sie steht jetzt, unsere tote Tochter, und singt, ihre Hände wieder in den Hosentaschen, sie glaubt sich mutterseelenallein und singt, aber unhörbar - Ende der Spule.“
[1] „Wohin ich in meiner Gier nach Kontakten und Menschen in meiner gottlosen und mutterseelenalleinen Einsamkeit auch vordringe, ich entdecke immer nur Metamorphosen der Werbung und Geldgier.“
[1] „Ich hatte damals unter den Studenten einen Übersetzungspartner gesucht, der für mich als Verlobte infrage kam und mir nicht plötzlich einen Kuss auf die Backe drücken würde, wenn wir stundenlang mutterseelenallein abends in einem der großen, leeren Hörsäle saßen.“



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