Holocaust
Substantiv, m:

Worttrennung:
Ho·lo·caust, Plural: Ho·lo·causts
Aussprache:
IPA [ˈhoːlokaʊ̯st], [holoˈkaʊ̯st]; anglisiert: [ˈhɔləkɔːst]
Bedeutungen:
[1] kein Plural; historisch, im engeren Sinne: massenhafte, systematische Verfolgung, Deportation, Vertreibung, Gettoisierung und Vernichtung europäischer Juden durch das nationalsozialistische Deutschland
[2] kein Plural; historisch, im weiteren Sinne: massenhafte, systematische Verfolgung, Deportation, Vertreibung, Gettoisierung und Vernichtung jedweder Gruppen, gegen die das nationalsozialistische Deutschland vorging (Juden, Sinti und Rom#Substantiv, m|Roma, politisch Verfolgte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Behinderte)
[3] im weitesten Sinne: massenhafte Vernichtung menschlichen Lebens
Herkunft:
Bei dem Wort handelt es sich um eine seit dem späten 20. Jahrhundert bezeugte Entlehnung des englischen holocaust ‚Brandkatastrophe, Inferno; Katastrophe, Zerstörung; Massenvernichtung‘, einer Übertragung aus dem biblischen Kontext, in dem es ‚Brandopfer‘ bedeutet. Das englische Wort geht zurück auf gleichbedeutend spätlateinischem/kirchenlateinischem holocaustum n (vergleiche »Holokaustum«, »Holocaust#Substantiv, m, n|Holocaust«), das seinerseits den griechischen Formen ὁλοκαύστωμα n beziehungsweise ὁλόκαυστον (vergleiche »Holokauston«, »Holocaust#Substantiv, m, n|Holocaust«) entstammt. Diese sind eine Ableitung zu ὁλόκαυστος ‚völlig verbrannt‘, welches wiederum zusammengesetzt ist aus ὁλος / ὅλος ‚ganz, völlig‘ und καυστός ‚verbrannt‘, ein Deverbativum zu καίγω ‚verbrennen, verwüsten‘.
Die Bildung des altgriechischen Wortes im Zuge der Bibelübersetzungen stellt eine Lehnformung dar des hebräischen Begriffs עֹלָה, עוֹלָה‎ (CHA: ʿolāh) → heOpfer zu#Präposition|zu Ehren Jahwe, das#Relativpronomen, n|das vollkommen verzehrt oder völlig verbrannt wurde, Ganzopfer‘, eigentlich ‚das#Demonstrativpronomen|das, was#was (Deutsch)|was (zur#zur (Deutsch)|zur Gottheit) aufgestiegen ist oder (die#Artikel|der Gottheit) dargebracht wurde‘ – beim antiken Opfer wurden normalerweise nur Teile des Opfertieres verbrannt, deshalb die besondere Erwähnung.
Der Ausdruck wurde im Französischen und Englischen gelegentlich für ‚Massenvernichtung‘ gebraucht (beispielsweise für Verluste im Krieg, Feuersbrunst), dann bezogen auf den Massenmord an den Juden im Zweiten Weltkrieg. Das englische Wort in dieser Bedeutung gelang schließlich durch den Titel einer 1979 ausgestrahlten amerikanischen Fernsehserie namens Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß in die deutsche Sprache (bisweilen auch in der sich nicht durchgesetzten Schreibweise Holokaust in Anlehnung an die älter bezeugten Wörter »Holokaustum« und »Holokauston«) und wurde sodann appellativ gebraucht.
Synonyme:
[1] Judenmord, Judenvernichtung, Massenmord an#Deutsch|an der#Artikel|den europäischen Juden, Schoah/Shoah
[1] sinnbildlich: Auschwitz
[1] nationalsozialistisch euphemistisch: Endlösung
[3] Massenmord, Massenvernichtung
Beispiele:
[1] „Aus diesem Anlass zeigt das Deutsche Historische Museum eine Ausstellung zum Holocaust, dem nationalsozialistischen Völkermord an sechs Millionen Juden.“
[1] „Auch die israelische Forschungsliteratur beschäftigt sich überwiegend mit der Psychologie des Holocaust und versucht aus den Ergebnissen heraus Verbindungen zum Terrorismus im Nahen Osten herzustellen.“
[1] „In erster Annäherung schien es ein Rätsel zu sein, weshalb sich das wiedergegründete Frankfurter Institut für Sozialforschung nicht schwerpunktmäßig den naheliegenden Aufgaben der empirischen Forschung über die NS-Zeit und Nachkriegs-Deutschland verschrieben hat, über Täter und Opfer, Mitläufer und Helfer, Holocaust, Autoritarismus und Faschismus zu forschen, die Lehren zu ziehen und dann an deren praktischer Umsetzung im Erziehungssystem mitzuwirken. […] Nur in einer unglücklichen Phantasie kann davon geträumt werden, was Fromm, , Lazarsfeld und Jahoda — in intellektueller Kooperation mit einem wohlhabenden Frankfurter IfS — in Deutschland für die Sozialforschung hätten bewirken können: über Nationalsozialismus, Holocaust und deren sozialpsychologische Mitbedingtheit durch die autoritären Persönlichkeiten.“
[1] „Vor dem Hintergrund der Zunahme von Völkermordleugnungen und Revisionismus Anfang der 1990er Jahre sah sich der Gesetzgeber verpflichtet, die bloße Leugnung des Holocausts ausdrücklich unter Strafe zu stellen.“
[1] „Stichworte hierzu sind die Zerstörung rechtsstaatlicher Strukturen im Innern, die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs nach außen und das Gesamtgeschehen des Holocausts.
[1] „Im arabischen und islamischen Kulturraum jedenfalls ist bis heute die Einschätzung weit verbreitet, letztendlich seien die Palästinenser über die Staatsgründung Israels, die als eine Konsequenz des Holocaust gedeutet wird, Folgeopfer des europäischen Antisemitismus und speziell des nationalsozialistischen Rassenwahns geworden; eine These, die freilich nicht nur dort vertreten wird.“
[1] „Die Deutschen sind für den Holocaust, die industriell betriebene Massentötung der Juden, verantwortlich.“
[1] „Für die meisten von uns ist die Judenverfolgung der Nationalsozialisten ein durch Medien vermittelter Teil der Geschichte. Wenn wir uns ‚erinnern,‘ haben wir Medienbilder vor Augen, ja sogar die Bezeichnung ‚Holocaust‘ hat sich nach der Sendung der amerikanischen Miniserie als Standardbezeichnung für den Massenmord am europäischen Judentum etabliert.“
[2] „Auch die schwedische Geschichtsschreibung kann sich nicht nur darauf beschränken, die Leiden der zahllosen Juden, Sinti, Roma und Homosexuellen im Holocaust nur zu benennen.“
[2] „Auf den Brunnenrand ist auf Englisch und Deutsch das Gedicht ‚Auschwitz‘ des italienischen Dichters Santino Spinelli eingraviert, der selbst Roma ist. In eindringlichen Worten beschreibt das Gedicht das Leid der Holocaust-Opfer.“
[2] „Vielmehr stellte der Holocaust an den Sinti und Roma einen fundamentalen Einschnitt in der jahrhundertealten, gemeinsamen Geschichte von Minderheit und Mehrheitsgesellschaft dar. […] Nach Schätzungen fielen im nationalsozialistisch besetzten Europa 500.000 Sinti und Roma dem Holocaust zum Opfer – einem Verbrechen, das sich jedem historischen Vergleich entzieht und das in seinem Ausmaß unvorstellbar bleibt.“
[2] „Erinnert wurde aber auch an die zahllosen weiteren Opfer des Holocaust wie Homosexuelle oder Menschen mit Behinderung.“
[3] „Wem es schwerfällt, sich den atomaren Holocaust vorzustellen, der betrachte ein Bild des zerstörten Hiroshima und bedenke folgendes: Heute können wir 1,6millionenmal Hiroshima fabrizieren.“
[3] „Vor drei Jahren hatte der Holländer Paul Crutzen, Direktor am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie, bei Modellrechnungen entdeckt, daß die klimatischen Auswirkungen eines Atomkriegs schlimmer sein könnten als der nukleare Holocaust selbst: Rauch und Ruß von riesigen Stadt- und Waldbränden würden weltweit die Sonne verfinstern und die Temperaturen um zwanzig bis vierzig Grad absenken.“
[3] „Vor kurzem haben wir lebensgeschichtliche Interviews mit ungarischen rechtsextremen Jugendlichen gemacht, aus denen u.a. hervorging, dass zum einen die Eltern, Großeltern und die in ihrer Nähe lebenden Erwachsenen sie den Antisemitimus »lehren«, zum anderen, dass dieser Antisemitismus eng mit dem Schuldgefühl für die während der Shoa auf der Seite der Verfolger stehenden Großeltern verbunden ist. Die daraus resultierende narzisstische Selbstpräsentation möchte ich mit zwei kurzen Beispielen illustrieren:
[…]Ich habe auch unzählige jüdische Bekannte und wir verstehen uns sehr gut, es gibt keine Probleme, also, nur weil jemand MIÉP-ler ist, schließt das noch nicht aus, dass er solche Beziehungen oder Freunde oder Bekannte hat, es empfinden einfach nur deshalb unzählige Menschen zu Hause eine Abneigung gegen die Juden, weil sie dauernd über Wiedergutmachung und Holocaust reden, obwohl es auch im Kommunismus und zu anderen Zeiten mehrere Tausend Opfer von Völkermord gab. Also, dieser Holocaust, der existiert nicht, denke ich, denn wenn es den jüdischen Holocaust gibt, dann könnte es genauso gut noch tausend andere Holocausts geben, weil unzählige Menschen in Tschetschenien hingerichtet worden sind, was man genauso gut als Völkermord bezeichnen kann, auch in Jugoslawien im jetzigen Krieg, in Kroatien, also man könnte unzählige solcher Holocausts machen. (Balázs, 18 Jahre alt).“
[3] „In einem Urteil vom 15.3.1994 betrachtet der BGH die Leugnung der Holocausts als eine Verletzung des Schutzbereichs des § 189 StGB.“
[3] „Hamad schrieb weiter, […] dass der Holocaust nicht auf die Juden beschränkt ist, sondern das andere Holocausts an anderen Völkern und Rassen verübt werden.“
[3] „Während und nach der Eskalation im Gazastreifen benutzten die palästinensischen und arabischen Medien den Ausdruck ‚Holocaust‘ in unterschiedlichen Zusammenhängen: ‚der Holocaust im Gazastreifen‘, ‚der israelische Holocaust‘ (um ihn gegen den Holocaust an den Juden abzugrenzen), ‚der zionistische Holocaust‘, ‚ die Shaheeden des Holocausts‘, sie behaupteten, Israel drohe mit einem ‚Holocaust‘ an den Palästinensern, ‚Opfer des Holocaust‘, eine Ausstellung im Andenken an die palästinensischen Kinder, die im ‚Holocaust‘ getötet worden waren usw. usw. Der Palästinensische Islamische Dschihad drohte mit einen ‚Holocaust für jeden Holocaust‘ .… Angesichts des Erfolgs dieser Medienkampagne, rief Dr. Hassan Abu Hashish, Staatssekretär in der Informationsabteilung der Regierung von Ismail Haniya, zu einem verstärkten Einsatz des Ausdrucks ‚Holocaust, als Ausdruck, der das andauernde zionistische Massaker von Palästina beschreibt‘ (Felesteen, 18. März 2008).“
Übersetzungen: Substantiv, m, n:

Worttrennung:
Ho·lo·caust, Plural 1: Ho·lo·caus·te, Plural 2: Ho·lo·caus·ten
Aussprache:
IPA [ˈhoːlokaʊ̯st], [holoˈkaʊ̯st]
Bedeutungen:
[1] veraltet fachsprachlich (Altertumswissenschaften, Theologie): (bei den Israeliten, zur Toten- und Götterverehrung im antiken Griechenland) dargebrachtes Brandopfer, bei dem sämtliche zum Opfern#Substantiv, n|Opfern geeigneten Teile des Opfertieres auf dem Altar verbrannt wurden
Herkunft:
Es handelt sich um eine im frühen 16. Jahrhundert vereinzelt, seit Ende des 18. Jahrhunderts kontinuierlich belegte Entlehnung des gleichbedeutend spätlateinischem/kirchenlateinischem holocaustum n (vergleiche »Holokaustum«), das seinerseits den griechischen Formen ὁλοκαύστωμα n beziehungsweise ὁλόκαυστον (vergleiche »Holokauston«) entstammt. Diese sind eine Ableitung zu ὁλόκαυστος ‚völlig verbrannt‘, welches wiederum zusammengesetzt ist aus ὁλος / ὅλος ‚ganz, völlig‘ und καυστός ‚verbrannt‘, ein Deverbativum zu καίγω ‚verbrennen, verwüsten‘.
Die Bildung des altgriechischen Wortes im Zuge der Bibelübersetzungen stellt eine Lehnformung dar des hebräischen Begriffs עֹלָה, עוֹלָה‎ (CHA: ʿolāh) → heOpfer zu#Präposition|zu Ehren Jahwe, das#Relativpronomen, n|das vollkommen verzehrt oder völlig verbrannt wurde, Ganzopfer‘, eigentlich ‚das#Demonstrativpronomen|das, was#was (Deutsch)|was (zur#zur (Deutsch)|zur Gottheit) aufgestiegen ist oder (die#Artikel|der Gottheit) dargebracht wurde‘ – beim antiken Opfer wurden normalerweise nur Teile des Opfertieres verbrannt, deshalb die besondere Erwähnung.
Synonyme:
[1] Ganzopfer, Vollbrandopfer
Beispiele:
[1] übertragen: „Wir müſſen uns bereit machen, nicht bloß Opfer zu bringen, ſondern uns ſelbst durch die ſtets erneuerte Hingebung unſeres Willens an Gott als ein lebendiges Holocauſt ihm darzubieten.“
Übersetzungen:


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