Hexe
Substantiv, f:

Worttrennung:
He·xe, Plural: He·xen
Aussprache:
IPA [ˈhɛksə]
Bedeutungen:
[1] Volksglauben, Mythologie: weibliches, bösgesinntes und dämonisches Märchen- oder Sagenwesen zumeist in Gestalt einer hässlichen, zauberkräftigen Greisin mit einem Buckel und einer langen, krummen Nase, die Schadenszauber auf den Menschen ausüben kann und mit dem Teufel durch einen Pakt oder Buhlenschaft verbündet ist
[2] historisch: (weibliche) Person, die angeblich Zauberkräfte besitzen und mit dem Teufel verbündet sein soll
[3] Anhängerin einer neuheidnischen Sekte beziehungsweise eines neuheidnischen Kultes
[4] abwertend, auch mit dem Unterton widerstrebender Anerkennung bestimmter Eigenschaften wie Durchtriebenheit, Raffiniertheit oder Temperament: (betagte) weibliche Person, die als bösartig, zänkisch, unangenehm (und hässlich) empfunden wird
[5] umgangssprachlich: weibliche Person, die betörend, verführerisch auf jemanden wirkt
[6] umgangssprachlich, auch als Kosewort: geliebte, weibliche Person; weibliche Person, mit der jemand (außerhalb der Ehe) eine sexuelle Beziehung hat
[7] umgangssprachlich: kleines Mädchen
[8] Technik: für Baumaterialien bestimmter Aufzug
Herkunft:
[1] Das Wort geht über die mittelhochdeutschen Formen hecse und hesse auf die ab dem 10. Jahrhundert bezeugten althochdeutschen Formen hagazussa, hagazus, hagzussa, hagzus, hazussa, hazus, hagzissa, hazissa, hazis, sowie hazassa und hazas zurück und zeigen zusammen mit den mittelniederländischen Formen hagetisse, haghetisse, haghetesse, den altenglischen Formen hægtesse, hægtes, hegtes sowie deren moderne Formen heks und hag in ihrer unterschiedlichen Lautgestalt offensichtlich affektisch bedingte Veränderungen und Verkürzungen. Es scheint sich um eine nur auf das Westgermanische beschränkte, verdunkelte Zusammensetzung (Kompositum) zu handeln, dessen Bestimmungswort aus dem unter Hag behandelten Substantiv besteht, das für ‚Hecke, Gehege, Zaun‘ stand und das an das Gehöft angrenzende, aber nicht mehr voll zu ihm gehörende Gebiet bezeichnete. Das Grundwort, das bis heute nicht sicher gedeutet ist, gehört vielleicht mit dem mundartlich norwegischen tysjaElfe; verkrüppelte oder zerzauste Frau‘ zusammen. Ebenso wird es allgemein mit norwegischem tusulGespenst‘, litauischem dvasià, altslawischem ⰄⰖⰘⰟ, russischem дух ‚Geist, Hauch, Atem‘, mittelhochdeutschem getwāsGespenst‘, gallischem dusiusDämon‘ sowie westfälischem DūsTeufel‘ in Verbindung gebracht, so dass ein Anschluss an die indoeuropäische s-Erweiterung *dheus-, *dhū̌s- der indoeuropäischen Wurzel *dheu-, *dheu̯ə- in Wörtern für ‚stieben, stäuben, wirbeln; verwirrt, betäubt, albern; blasen, keuchen; Geist, Gespenst‘ möglich ist (vergleiche dösig, Dunst, Tier). Unter Hexe wäre demnach also ein dämonisches Wesen zu verstehen, das – nach altnordischem túnriða / tūnriða und dem seit dem 14. Jahrhundert bezeugten mittelhochdeutschen zunrite ‚Zaunreiterin, Hexe‘ zu schließen –, auf Zäunen (oder Dachfirsten) lauernd, die eingehegte geschützte Wohnstätte zu gefährden sucht.
Andere erschließen ein germanisches *hagahatusī, sehen im zweiten Bestandteil eine aus dem Partizip Präteritum von hassen hervorgegangene Bildung und interpretieren das Kompositum als eine Art ‚Walddämon‘, wobei die althochdeutsche Kurzform hazus als Repräsentation des zweiten Gliedes gelten könnte. Jan de Vries hält eine Beziehung des Grundwortes zu den altenglischen Formen tāda, tādige, zu englischem toad, dänischem tudse sowie schwedischem tossaKröte‘ für möglich, da auch der Kröte die Fähigkeit zugeschrieben wird, Krankheiten zu verursachen und die Gestalt zu wechseln.
[2] Im ausgehenden Mittelalter (15./16. Jahrhundert) wird das Wort Hexe durch die Hexenverfolgung aktualisiert und vom christlichen Standpunkt her umgedeutet und nunmehr, dem religiösen Aberglauben folgend, auf eine Frau, die mit dem Teufel im Bunde steht und über magisch-schädigende Kräfte verfügt, bezogen.
[4] Diese Bedeutung ist seit dem 18. Jahrhundert bezeugt. Die ursprüngliche Bezeichnung einer Frau, von der man in abergläubischer Furcht annahm, sie zaubere den Menschen und Tieren Krankheiten an, verstehe sich auf Gifte und Wettermacherei und stehe mit dem Teufel im Bund, erfährt durch das Zeitalter der Aufklärung eine Bedeutungsverbesserung; die so bezeichnete Person war jetzt bloß noch eine alte Frau, deren Schädlichkeit sich vorwiegend in Unverträglichkeit erschöpfte.
[6] Die seit dem 18. Jahrhundert bezeugte Bedeutungübertragung fußt auf der Vorstellung, dass die so Bezeichnete den Mann bezaubert.
[7] Die seit dem 19. Jahrhundert bezeugte Bedeutungsübertragung fußt auf der Vorstellung, dass das so bezeichnete Mädchen die Erwachsenen für sich einnimmt wie eine Zauberin.
Synonyme:
[7] Kleine
[7] umgangssprachlich: Bambina, Chica; zumeist (scherzhaft) drohend: Fräulein
[8] veraltend: Bauhexe
Beispiele:
[1] „Mein Freund, das lerne wohl verſtehn!
Dieß iſt die Art mit Hexen umzugehn.“
[1] „Denn wenn es keine Hexen gaͤbe,
Wer Teufel moͤchte Teufel seyn!“
[1] übertragen: „Maika ist eine Hexe.“
[1] „Hexen waren angeblich Giftmischerinnen, verübten Schadenszauber und geisterten übers Land.“
[1] „Glaubst du, fragte sie, daß Hänsel und Gretel zusammengeblieben sind, nachdem sie die Hexe verbrannt haben?“
[2] „Sämtliche Salemer Hexen waren unschuldige Opfer der allgemeinen Angst.“
[2] „Ich denke mir, daß dort eine barmherzige Frau als Hexe verbrannt würde, eine Frau, die es nicht für Geld und nicht aus Leidenschaft für den Mann tut, nur aus Barmherzigkeit mit der männlichen Natur.“
[2] „Zwei von ihnen sind Urururururururururururururgroßneffen einer Hexe.
[3] „Von Vulkangestein gesäumt wie von Skulpturen eines Heidenkults. Annelie Franz? Wieso hatte sie das nicht sofort durchschaut? So blind darf man nicht sein! Wo man einen Schuß Esoterik brauchte, trat die doch unverblümt als Hexe auf.“
[3] „Die Gesamtzahl aller Hexen und Anhänger anderer neuheidnischer Bewegungen liegt seiner Einschätzung nach bei mehreren Zehntausend.“
[4] Was will denn die alte Hexe schon wieder von uns?
[4] „Aber Hanns-Martin, laß dich doch nicht von der alten Hexe ins Boxhorn jagen!“
[4] „Die Geschichte der Ilse Koch, der ‚rothaarigen, grünäugigen Hexe von Buchenwald‘ rauscht durch die Weltpresse.“
[4] „»Du siehst aus wie eine Hexe«, sage ich. »Eine junge und gefährliche Hexe!«“
[4] „Die Frau Bürgermeisterin wurde als mannstolle Hexe verschrien und ich als verführter Satansbraten.“
[4] „Von mir aus kann sie verrecken, die alte Hexe!
[4] „Meistens führt sie den Beweis so, daß sie hinter einer Boshaftigkeit, die sie einem gerade an den Kopf geworfen hat, herlacht, im Lachen plötzlich in eine alles zerreißende Traurigkeit versackt und aus der heraus tonlos mitteilt, wieviel schöner es wäre, wenn man ihr einmal Gelegenheit gäbe, lieb zu sein, anstatt sie andauernd zu zwingen, die ruppige Hexe zu spielen.“
[4] „Sie hat es sich verkniffen, dieser alten Hexe ihre Frauenfeindlichkeit und ihre Moralpredigt um die Ohren zu hauen.“
[5] „Wir waren die besten Freunde – jung und hitzig – war schließlich ein Kerl, meine Herren, vor fünfundvierzig Jahren – und sie, die Klara, ich sehe sie immer noch, wie sie mir durchs Dunkel der Peterschen Scheune entgegenleuchtete oder mit nackten Füßen im Konradsweilerwald durch Moos und Laub ging, mit wehenden roten Haaren, biegsam, gertenschlank, zart, eine verteufelt schöne Hexe.
[6] „‚Meine kleine Hexe‘, flüsterte ich.
‚Der Kosename gefällt mir nicht‘, meinte sie schmollend.“
[7] „‚[…] Die Ärzte können ihr nicht helfen. Man muss abwarten. Was ist, wenn meine kleine Hexe …?‘ Der angstvolle Blick des Vaters ließ Melanie das Blut in den Adern stocken.“
[8] „In Schönerlinde wurden die Betonfertigbauteile mit der Hexe, in Buch mit einem kleinen Auslegerkran und Handwinde hochgezogen.“
Redewendungen:
[1] umgangssprachlich: voll wie eine Hexe
Übersetzungen:


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